Eine Stimme, kräftig und sensibel - eine Stimme, die Herz und Seele berührt - eine Stimme, die etwas zu sagen hat! Hier spricht Diana Ezerex darüber, warum sie neben Wohnzimmerkonzerten auch Auftritte in Gefängnissen spielt und was ihr neues Album damit zu tun hat.
Ich treffe
Diana Ezerex
in einem Cafe. Um uns herum Geschirrgeklapper und
Hintergrundgeräusche, doch schon mit den ersten Sätzen fesselt sie
mich: Sie berichtet von ihrem Werdegang und ich lausche ganz gespannt.
Diana hat
Bildungswissenschaften
studiert. Lehramt ist nicht ihr Ziel, aber sie mag die Zielgruppe.
Jugendliche, die in Jugendclubs gehen. Darüber hinaus interessiert sie
sich für Pädagogik und natürlich für die Musik.
Die Kombination zwischen ihrem sozialen Anspruch und ihrem Wunsch, einen Unterschied zu machen, führte sie ins Gefängnis – aber nicht so, wie ihr vielleicht denkt! 😉 Dinge, die sonst kaum Jemand macht sind genau ihr Ding. Wie zum Beispiel Konzerte an besonderen Orten geben. In ihrem Fall ist es eben ein Gefängnis!
Während ich sie frage, wie sie denn in die Gefängnisse kommt,
merkt man, wie die Erlebnisse sie begeistern und es förmlich aus ihr
heraus sprudelt.
Sie ist aktiv auf die Gefängnisse zugegangen.
„Manchmal ist es wie in der Schule,
man braucht da schon eine gewisse Penetranz
. Wenn man etwas machen möchte und da niemand vor Ort ist, der das
Ganze auch unterstützt und in die Hand nimmt, gestaltet sich das
Anliegen oft schwer.“
Aber sie hat es geschafft!
Wenn alle Überzeugungskraft erfolgreich war, steht nur noch der Backround-Check (Führungszeugnis etc.) zwischen ihrem Auftritt. Am Gefängnis angekommen geht es dann durch die Schleuse zum Kofferraumcheck (ob Jemand da drin ist 😊). Auch Wertsachen müssen draußen bleiben. Dann wird sie auch schon hineingeführt. Mit Glück gibt es sogar noch eine kleine Führung und die Aufregung steigt. „Über die Führungen freue ich mich immer sehr. Doch am beeindruckendsten sind eigentlich immer wieder die riesigen Schlüsselbunde der Beamten .“ Diana lacht.
Die Auftritte finden meistens in Mehrzweckräumen oder der Kirche statt. Diana spielt dort alleine, ohne Band. „Ich möchte möglichst wenig Hindernisse schaffen . Im Vergleich zu den Insassen ist mein Leben schon ein WONDERLAND. Da braucht es nicht noch eine ganze Front von Außenstehenden, die vor ihnen stehen.“
Diana, eine junge, smypathische Singer-Songwriterin, tritt auf im Jugendstrafvollzug, in der Untersuchungshaft, in Frauen- und Männergefängnissen - sie hat alles schon bespielt. Ich frage sie, ob sie dabei auch manchmal Angst hat .
„Im Jugendstrafvollzug ist man oft besorgt, weil die Jugendlichen die Art von Musik, die ich mache, gar nicht hören“ , erzählt Diana. Dass der klassische Deutsch-Rap dort populärer ist, ist ihr durchaus bewusst. Und trotzdem bleibt sie hartnäckig. Der Gedanke, dort völlig fehl am Platz zu sein, ängstigt sie schon, erzählt sie. „Aber wenn ich dann mit meiner Akustik-Gitarre unter anderem auch Songs zum Mitsingen performe, singen alle Jugendlichen mit . Das ist ein unglaubliches Erlebnis!“
2017 war Diana das erste Mal in einem richtigen Männergefängnis. „ Auch da hatte ich echt Angst vor dem Besuch. Aber ein paar Wochen später bekam ich plötzlich Post aus der JVA Bayreuth .“ Diana hatte einen Brief von einem Insassen bekommen! „Das war echt überwältigend und war total gerührt. So ein tolles Feedback handgeschrieben auf Papier in den Händen zu halten, war wirklich unfassbar schön!“
Am spannendsten für Diana ist der Austausch mit den Insassen und die Geschichten die sie hört sind spannend, traurig und faszinierend zugleich. Je nachdem wie streng das Gefängnis organisiert ist, gibt es sogar mal die ein oder andere Möglichkeit hierfür, erzählt Diana. Meistens ist das aber leider nur sehr kurz und dann muss sie schon wieder gehen. „Aber in der Sozialtherapeutischen Anstalt in Kassel habe ich sogar mal einen Bandworkshop geben dürfen und dann mit den Insassen, die in der Band waren, zusammen etwas gegessen. Auch von der hauseigenen Gefängniszeitung wurde ich dann noch interviewt“ , erzählt Diana begeistert.
Dass die Emotionen in der Untersuchungshaft noch viel intensiver zu sein scheinen, vermutet Diana, liegt daran, dass da noch viele aufgestaute Emotionen in der Luft liegen. Vor allem Emotionen über ihre ungewisse Zukunft, die die Insassen dann freien Lauf lassen und zum Mitsingen, Tanzen und zum Weinen bringen. „Noch nie zuvor habe ich so viele Menschen im Publikum weinen gesehen und im Gegensatz dazu bei einem anderen Mal totale Euphorie erlebt – Partystimmung pur !“
Eine Geschichte aus dem Jugendgefängnis bleibt Diana ganz besonders in Erinnerung.
Aktuell ist Diana als Künstlerin in Hamburg aktiv , wo sie den Popkurs besucht hat und auch parallel an einem Album arbeitet. Es soll ein Konzept-Album werden. Jeder Song hat ein Thema, was mit dem Gefängnis zu tun hat - Geschichten der Insassen, über deren Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunftsvisionen.
„Ein Song ist auch schon fertig!“ erzählt Diana stolz. Entstanden ist der Song während der Anfangs-Corona-Zeit , als noch unklar war, ob der Popkurs weiter stattfinden kann. Umgeben von lauter selbständigen Musikern , denen immer mehr Gigs abgesagt oder verschoben wurden, schien alles um die Live-Musikbranche zusammen zu fallen . Aber Diana wollte sich nicht davon nicht stoppen lassen.
„Wir sind Kreative und Menschen mit Überlebensdrang!“ Als sie versuchte, das Beste aus der Situation heraus zu holen, fiel ihr auf, dass der Song genausoviel mit dem Gefängnis wie mit der allgemeinen Verunsicherung zu tun hat, von der aktuell so viele betroffen waren. Denn es geht um Hoffnung ! Der Song heißt „I don't stop“ :
Im Gesprächs mit Diana merkt man, wie wichtig ihr es ist, mit dem Album weder irgendwelche Taten zu verurteilen noch zu beschönigen . Ganz im Gegenteil, sie möchte darauf hinweisen, dass wir nachhaltig Dinge dagegen tun können, dass Menschen überhaupt ins Gefängnis kommen. „Ich finde es wichtig, dass die Leute verstehen, dass wir alle etwas dagegen tun können – in der Art und Weise wie wir miteinander reden oder miteinander umgehen“ , klärt Diana auf. „Ich habe auch einen Song geschrieben, der genau das ausdrückt: Be kind . „Sei freundlich, selbst wenn es niemand zu sehen scheint, sei freundlich, selbst wenn es unfair scheint…“ , singt sie darin.
Während Diana singt, erinnert sie sich selbst an ihre eigenen Überzeugungen. „Ich muss mir auch selbst ab und an an die eigene Nase fassen , wenn ich mich ertappe.“ Die Message ihrer Lieder kommt an und erinnert uns, dass wir unser Glück im Umgang miteinander auch ein Stück selbst in der Hand haben.
Ich wünsche Diana viel Erfolg, die Welt mit Ihren Liedern zu einem besseren Ort zu gestalten! Für mich und viele Andere, die sie erlebt haben, ist sie damit schon jetzt zu einem schöneren Ort geworden. 😊
Hast Du Lust bekommen, Diana zu einem Sofakonzert einzuladen ? Ich kann sie dir sowohl musikalisch als auch menschlich nur empfehlen! Bestimmt ist sie auch mal in Deiner Gegend unterwegs. Du kannst ihr einfach eine unverbindliche Einladung schicken und mit etwas Glück kannst Du sie und ihre Musik bei Deinem eigenen Sofakonzert bald persönlich kennenlernen. Ich kann Dir sagen: Es lohnt sich!